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Bern - Die Hochrechnung der OAK BV zur finanziellen Lage der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen zeigt
per Ende Juni 2021, dass sich die Deckungssituation der Vorsorgeeinrichtungen in der ersten
Jahreshälfte sehr gut entwickelt hat. Der durchschnittliche Deckungsgrad betrug per Ende 2020 trotz
pandemiebedingter Unsicherheiten an den Kapitalmärkten 113,5 %. Dieser Positivtrend setzte sich in der
ersten Hälfte des Jahres 2021 fort; der durchschnittliche Deckungsgrad stieg per Ende Juni auf 119,9 %
an. Kapitalgewichtet befinden sich damit aktuell lediglich 0,6 % der Vorsorgeeinrichtungen in
Unterdeckung.
Anfang letzten Jahres lancierte die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) aufgrund
der Coronapandemie ein enges Monitoring zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen. Basierend
auf der für die ganze Schweiz einheitlichen und risikoorientierten jährlichen Erhebung zur finanziellen
Lage und Risikosituation der Vorsorgeeinrichtungen werden monatliche Hochrechnungen erstellt, die auf
den individuellen Anlagestrategien der Vorsorgeeinrichtungen sowie der effektiven Entwicklung der
Anlagemärkte fussen. Insgesamt flossen die Daten von 1345 Vorsorgeeinrichtungen mit einer
Bilanzsumme von rund 798 Milliarden Franken in die Hochrechnung per Ende Juni 2021 ein.
Durchschnittliche Deckungssituation entwickelt sich positiv
Die für die erste Jahreshälfte hochgerechneten Zahlen zur finanziellen Lage zeigen eine weitere
deutliche Verbesserung bei den Vorsorgeeinrichtungen ohne Staatsgarantie und ohne
Vollversicherungen. Der durchschnittliche Deckungsgrad stieg gemäss Hochrechnung von 113,5 % Ende
2020 auf 115,5 % per Ende März an. Per Ende Juni kletterte dieser Wert auf 119,9 %. Dies entspricht
einer signifikanten Verbesserung im Vergleich zum Vorjahresniveau (102,0 % per Ende März 2020 bzw.
107,9 % per Ende Juni 2020). Der Anteil der Vorsorgeeinrichtungen in Unterdeckung beträgt per Ende
Juni kapitalgewichtet 0,6 %. Das bedeutet, dass nur 0,6 % der Rentenverpflichtungen aktuell nicht zu
100 % gedeckt sind.
Positive Marktentwicklungen in der ersten Jahreshälfte
Die gute Deckungssituation ist auf die ausgesprochen positiven Marktentwicklungen in der ersten
Jahreshälfte 2021 zurückzuführen. Bei unverändert tiefen Marktzinsen erzielten die
Vorsorgeeinrichtungen per Ende Juni vor allem in den Kategorien Aktien (14,2 %) und alternative
Anlagen (13,6 %) sehr gute durchschnittliche Renditen. Dies ist ein weiterer Sprung im Vergleich zur
bereits guten Performance von Aktien (6,1 %) und alternativen Anlagen (6,0 %) per Ende März 2021.
Zielerreichungsgrad der Wertschwankungsreserven steigt
Das Anlegen von Vorsorgegeldern auf den Kapitalmärkten ist mit Risiken verbunden. Damit
Vorsorgeeinrichtungen Schwankungen auf den Kapitalmärkten tragen können, sind sie gesetzlich
verpflichtet, sogenannte Wertschwankungsreserven zu bilden. Die durchschnittliche Zielgrösse der
Wertschwankungsreserven liegt bei 17,8 % der Vorsorgekapitalien. Per Ende 2020 hatten 30 % der
Schweizer Vorsorgeeinrichtungen ihre Zielwertschwankungsreserven vollständig aufgebaut. Per Ende
März 2021 stieg dieser Wert auf 42 % an und per Ende Juni 2021 haben zwei Drittel der
Vorsorgeeinrichtungen ihre Zielwertschwankungsreserven vollständig geäufnet. Dieser Wert bleibt
jedoch volatil. Im aktuellen Tiefzinsumfeld müssen viele Vorsorgeeinrichtungen immer höhere
Anlagerisiken auf sich nehmen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Coronapandemie hat
zuletzt gezeigt, wie rasch es zu massiven Verwerfungen am Markt kommen kann, welche die finanzielle
Lage der Vorsorgeeinrichtungen bedrohen. Ein genügend hoher Deckungsgrad, das heisst ausreichende
Wertschwankungsreserven, ist deshalb für die finanzielle Stabilität der Vorsorgeeinrichtungen essentiell.
Reformbedarf bleibt hoch
Mehr als ein Jahr nach Ausbruch der Coronapandemie zeigt sich, dass die Schweizer
Vorsorgeeinrichtungen im Durchschnitt die pandemiebedingten Schwankungen auf den Kapitalmärkten
gut überstanden haben und nun über einen respektablen Puffer im Fall erneuter Einbrüche an den
Kapitalmärkten verfügen.
Die errechneten Durchschnittswerte zur Deckungssituation und zur Marktentwicklung in der ersten
Jahreshälfte dürfen jedoch nicht über die andauernden Herausforderungen im System der zweiten Säule
hinwegtäuschen. Während viele Vorsorgeeinrichtungen mit Leistungen weit über dem BVG-Obligatorium
zukunftsgerichtet aufgestellt sind, bleibt die Aufrechterhaltung der finanziellen Stabilität für andere
Vorsorgeeinrichtungen eine schwierige Aufgabe. Im derzeitigen Tiefzinsumfeld ist es besonders für
Einrichtungen nahe am BVG-Obligatorium schwierig, die gesetzlich vorgeschriebenen Verpflichtungen
mittel- und langfristig zu erfüllen. Die aktuellen unrealistischen Vorgaben beim Mindestumwandlungssatz
führen neben höheren Anlagerisiken zu einer ungewollten Umverteilung von Aktiven zu
Rentenbeziehenden. Die Politik ist deshalb gefordert die nötigen Anpassungen im Gesetz vorzunehmen,
damit Vorsorgeeinrichtungen im Rahmen realistischer gesetzlicher Parameter für ihre Versicherten
Vorsorgeleistungen produzieren können.
Medienkontakt:
Gabriela Giallombardo
Kommunikation und Information OAK BV
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gabriela.giallombardo@oak-bv.admin.ch
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